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Narrengericht

Im Jahr 1623 wurde eine Marienbruderschaft vom Ehrsamen Narrengerichts gegründet. Die Gründungsstatuten datieren vom 21. Februar 1623.
Die Anfänge des Ehrsamen Narrengerichts selbst gehen allerdings noch ein bis zwei Jahrhunderte weiter zurück in die Zeit der bubenhofischen Herrschaft. Nach der Überlieferung soll Hans Heinrich von Bubenhofen, der in Grosselfingen residierte, ein Spiel zur Erheiterung der von der Pest schwer getroffenen Bevölkerung gestiftet haben. Die Anregung dazu soll er aus Venedig mitgebracht haben. Deshalb verwandelt sich der Ort jedes Mal zur Aufführungszeit in das "Venezianische Reich".
Eine organisatorische Grundlage erhielt die Marienbruderschaft mit den bereits erwähnten Gründungsstatuten aus dem Jahr 1623. Noch heute ist die Bruderschaft des Ehrsamen Narrengerichts Trägerin der Vorbereitung und Aufführung des Spiels.

Der "religiöse" Charakter der Bruderschaft unterscheidet die Vereinigung von anderen Fasnachtsorganisationen. Dies unterstreicht auch der 1623 gestiftete Jahrtag in der Kirche, der im Gegensatz zum Narrengericht selbst nicht alle paar Jahre, sondern jedes Jahr am "schmotzigen Donnerstag" begangen wird.


Der Magistrat des Hohen Gerichts

Im Jahr 1728 wurde das Narrengerichtsbuch gebunden, die erste erhaltene schriftliche Niederlegung zum Narrengerichtsspiel selbst. Dort werden die närrischen Bestimmungen des Narrengerichts sowie die einzelnen Rollen und Spielteile beschrieben.
Zwischen 1830 und 1858 wurde das Spiel des Narrengerichts ausgesetzt, bedingt durch Notzeiten und die Auswanderungswelle nach Amerika, sowie dadurch, daß sich viele Grosselfinger als Arbeitskräfte "in der Fremde" befanden.
Bevor das Fastnachtsbrauchtum aber ganz verschwand, besann man sich auf die einzigartige Tradition und die Bruderschaft des Ehrsamen Narrengerichts führte sein einmaliges Fasnachtsspiel 1858 wieder auf.

Der Spielverlauf

Das Narrengericht wird im Abstand von durchschnittlich 3-7 Jahren am Sonntag vor der Fasnachtswoche und am "schmotzigen Donnerstag" abgehalten. Das Spiel umfaßt einen Umzug, mehrere szenische Darstellungen, Lieder und Tänze und den Höhepunkt, die Gerichtsverhandlung. Der "Jahrtag" am "Schmotzigen" beginnt mit der Jahrtagsmesse und anschließendem gemeinsamen Frühschoppen.                          Gefangennahme der Räuber

Dieser "Jahrtag" findet auch in Jahren ohne Spielaufführung statt. Am Vortag zieht eine kleine Schar von "Butzen", "Trommlern", "Pfeifern" und "Hanswursten" durch die Straßen und macht auf den "Jahrtag" aufmerksam. Dabei ziehen sie auch im Rathaus ein. Um zwölf Uhr an den Spieltagen stellt sich der Zug der Narren auf dem Marktplatz auf. Das Spiel endet um die Betläutzeit. Insgesamt nehmen ca. 350 Männer und Knaben an der Aufführung teil.

Die gesamte Markung wird zum "Venezianischen Reich" erklärt, deren Residenz Grosselfingen dann ist. Alle Mitspieler tragen als Kennzeichen an Kopfbedeckung und Gürtel das Kürzel "H. v. V.", "Herren von Venedig". Vom Narrenzug werden wichtige Funktionsträger bei ihren Wohnhäusern abgeholt: der "Fähnrich", die "Majore", die "Bäder" und der "Narrenvogt". Der Gruß "Guten Morgen Ihr Brüder" eröffnet das Spiel. Insgesamt sind 39 verschiedene Chargen (Rollen) am Spiel beteiligt, darunter "Geiger", "Wegräumer", "Edelknaben", "Korporale", und "Gärtner".
Nach der Rückkehr auf den Marktplatz wird die "Reichsordnung" verkündet und das "Venezianische Reich" ausgerufen. Anschließend zieht das Gericht mit den "Magistraten", dem "Narrenvogt", den "Majoren" und "Doktoren" ein. Das Gericht tagt dann in einem verdunkelten, mit Kerzen-                       Butzen                                                          licht ausgeleuchteten Raum. Zuvor sind unter

den Zuschauern und Ehrengästen Verhaftungen ausgesprochen worden.
Zuschauer aber auch Prominenz aus der Landes- und Kommunalpolitik gehören zu den Angeklagten. Zwischenzeitlich werden die Zuschauer mit Tanzvergnügungen unterhalten; ein Teil des Narrenzuges, unter anderem die "Metzger", machen sich unterdessen auf durchs Dorf zum Pfarrhaus. Dort wird ein großer Krauthafen mit Fleischbeigaben bereitgehalten und von der Gruppe abgeholt.

Der dritte Spielteil des Narrengerichts beinhaltet das Sommervogelspiel auf dem Marktplatz. Der Sommervogel, eine Taube wird von den zwei jüngst verheirateten Männern der Gemeinde bewacht. Nun kommt der Bürgermeister, der "Gemeindevogt" ins Spiel. Er verwechselt den Sommervogel mit allen möglichen Vogelarten und streitet seine Echtheit ab. Erst durch die "Narrenbrille" erkennt er seinen Irrtum.
                                                                                    Auspritschen durch den Bäder (nach                                                                                     der Reichsverkündung)
Während der Huldigung des Sommervogels durch den Narrenzug werden die Bewacher des Vogels durch einen Trunk abgelenkt. So können die beiden "Räuber" den Sommervogel stehlen. Darauf setzt großes Wehklagen ein. Allerdings werden die Räuber mit Gewehrschüssen verfolgt und durch die "Profose" gefaßt. Unter freiem Himmel wird über sie Gericht gehalten, die Diebe werden zum "Wassertod" verurteilt. Darauf bricht der "Narrenvogt" den Stab über die beiden Diebe und verkündet den Sieg des Guten über das Böse. So wird ihnen die Milde des "Venezianischen Reichs" zuteil. "Heiducken" ergreifen die "Räuber" und mit dem Brunnenwurf wird die Läuterung vollzogen.
Zum Schluß werden "Fähnrich", die "Majore" und der "Narrenvogt" wieder nach hause zurückgebracht und der Zug löst sich auf. Vor Einbruch der Dunkelheit müssen alle Narrenhäser abgelegt sein.
Das Grosselfinger Narrengericht ist ein besonderes Ereignis und besitzt einen herausragenden Stellenwert innerhalb der schwäbisch-alemannischen Fastnachtstraditionen. Durch seine Einzigartigkeit hat es über die Jahrhunderte hinweg nichts von seiner Ursprünglichkeit verloren und ist immer wieder ein faszinierendes Schauspiel für zahlreiche Besucher aus nah und fern.